Neubau Rathaus, Mietingen, 2019-2022

Das Grundstück mit zentraler Lage in Mietingen wird bestimmt durch die Nachbarschaft zur katholischen Kirche St. Laurentius, den Verlauf der Kirchstraße sowie die einfache bauliche Struktur der umgebenden Bestandsgebäude. Darüber hinaus wird das Gelände von einer in West-Ost-Richtung abfallenden Topografie begleitet. Südlich stellt das bestehende Kaplansgässle weiterhin eine dörfliche Fußwegeverbindung zwischen Kirche und Hauptstraße her. Die Gasse erstreckt sich dabei auch über das zu bebauende Grundstück hinweg. Ziel der Bauaufgabe war es, unter Berücksichtigung dieser städtebaulichen Rahmenbedingungen ein markantes Gebäude zu schaffen, welches als „Neue Ortsmitte“ von Mietingen einen zentralen Punkt schafft, welcher Begegnung und Kommunikation fördert.

Der Entwurf stellt den im Zusammenspiel mit der Kirch St. Laurentius entstehenden Raum in den Mittelpunkt. Dieses räumliche Gefüge erstreckt sich über die querende Kirchstraße hinweg und bildet gemeinsam mit dem bestehenden Kirchplatz eine großzügige Freifläche, welche sich städtebaulich als „Neue Ortsmitte“ definiert. Die Kirchstraße tritt lediglich durch einen Materialwechsel am trennenden Randstein hervor, unterbricht jedoch die Wahrnehmung als Ortsmitte nicht. Der Kirchplatz nimmt den Brunnen der „Weißen Schwestern“ auf.

Das neue Rathaus stellt sich als markant in die „Neue Ortsmitte“ und den dadurch definierten Rathausplatz ein. Der polygonale Baukörper öffnet sich mit seinem Haupteingang zur benachbarten Kirche und wir über den Rathausplatz hinaus durch eine befestigte Fläche umspült. Diese Freiflächen dienen der Gemeinde auch als Orte für Veranstaltungen. So werden sich der örtliche Weihnachtsmarkt oder andere Dorffeste künftig um das Rathaus herum situieren und die Freifläche bespielen.

Der Nebeneingang mit dem geschossverbindenden Treppenhaus sowie der Personaleingang wird von Süden erschlossen. Die Parkierung ist mit 18 PKW-Stellplätzen im südlichen Grünraum angeordnet. Die Erschließung dieser Parkierungsanlage erfolgt direkt über die westliche Platzfläche Zwei Behindertenparkplätze und 3 zusätzliche Stellplätze mit einer E-Tankstelle für Auto und Fahrrad werden von der Kirchstraße im nord-westlichen Bereich der Grundstücksfläche erschlossen. Eine PV-Anlage bildet das Dach einer als Stahlkonstruktion ausgebildeten Pergola und überdeckt eine Parkplatzreihe sowie eine Einhausung für Müll. Stellflächen für Fahrräder gliedern sich der Pergola an. Der amorphe Baukörper ist zweigeschossig ausgebildet. Darüber erstreckt sich ein einhüftiges Satteldach mit Aluminium-Stehfalz-Eindeckung.

Der Entwurfsvorschlag setzt sich mit der Topografie des Grundstücks auseinander. Die Erdgeschossflächen gliedern sich in zwei Ebenen. Zum einen, der Eingangsbereich mit Sitzungssaal und Foyer sowie deren notwendigen Nebenräumen und zum anderen die 90 cm höher liegende Ebene mit den Flächen des Bürgerbüros und weiteren publikumsnahen Verwaltungsbereichen. Über das südlich gelegene Treppenhaus wird das Untergeschoss sowie das Obergeschoss erschlossen. Hier ist auch der Personaleingang vorgesehen. Die gewünschten öffentlichen Sanitäranlagen sind ebenfalls auf dieser Ebene angeordnet und werden von außen erschlossen. Das Obergeschoss wird über eine repräsentative Treppenanlage erreicht. Obergeschoss, Erdgeschoss und Untergeschoss sind durcheine Aufzugsanlage barrierefrei miteinander verbunden.

Im Obergeschoss sind der Bereich des Bürgermeisters mit direktem Bezug zum Trauzimmer, die Kämmerei und sonstige Verwaltungsräume angeordnet. Über einen zentralen Lichthof werden die Flurbereiche natürlich belichtet.

Die Fassade nimmt die steinerne Wirkung des Platzbelags auf. Das Gebäude hüllt sich in ein homogenes beige-farbiges Kleid aus Klinkern, wodurch sich im Zusammenspiel mit dem Rathausplatz die Signifikanz und Bedeutung des Gebäudes gegenüber der öffentlichen Freifläche herausstellt. Die Klinkerfassade ist mit einer feinen Zement-Schlämme überzogen, um deren Struktur gegenüber der prägnanten Formensprache des Gebäudes in den Hintergrund zu stellen.

Die tragende Konstruktion des Gebäudes ist als Stahlbetonkonstruktion mit Stützen und Flachdecken ausgeführt. Im Bereich des Sitzungssaals wird mittels Stahlbeton-Rippen eine höhere Spannweite erreicht. Der Dachstuhl wurde als Holzkonstruktion mit einem Einschnitt für den Innenhof ausgeführt. Die Bürozwischenwände sind Montagewände ausgeführt und unterstützen durch ihre mögliche Flexibilität zukünftige Veränderungen der Ausbaustruktur. Das klare Baukörperkonzept zeigt nach Außen ein einheitliches und bestimmtes Bild. Die horizontal gesetzten Fensteröffnungen ermöglichen in deren Stoßbereichen eine möglichst variable Struktur für Trennwandanschlüsse. Eine großzügige Fensteröffnung nach Osten verbindet den Innenraum des Sitzungssaals mit dem Außenraum und stellt Sichtbeziehungen über den Rathausplatz hinweg zum übergeordneten baulichen Umfeld her. Markant zeigt sich das Fenster des Trauzimmers im 1.OG mit direktem Blick auf die benachbarte St. Laurentius Kirche.

Die Wandflächen des Sitzungssaals wurden mit Eichenholz akustisch wirksam verkleidet. Die Holzoberflächen verleihen dem Saal einen warmen, aber auch ruhigen und zurückhaltenden Charakter, welcher einladend und freundlich wirkt. Die Holz-Oberflächen setzen sich im Restlichen Gebäude in sämtlichen Türzargen, Türblättern und Fensterrahmen fort und stellen so eine materialhafte Verbindung aller Flächen her. In den öffentlichen Bereichen wurde ein Naturstein-Belag mit Travertin-Platten ausgeführt. Innerhalb der Büroräume findet ein Wechsel auf Teppichbeläge statt.

Grundsätzlich sind sämtliche Baukonstruktionen aus dauerhaften, biologisch unbedenklichen und ökologisch sinnvollen Materialien konstruiert und gestaltet worden. Dies vor allem im Hinblick auf die nachhaltige Gebäudebewirtschaftung und deren Unterhaltung.

Wettbewerb
11/2018 – 1. Preis

Fertigstellung
2019-2023

Bauherr
Gemeinde Mietingen

Standort
Kirchstraße 4, 88487 Mietingen

Baukosten
ca. 6,5 Mio. €

Leistungsphasen
1-9

Landschaftsarchitektur
Helmut Hornstein, Überlingen

Tragwerksplaner
Friedmann & Partner Ingenieurbüro GmbH, Saulgau

HLS-Planung
Ingenieurbüro Spleis, Laupheim

Elektroplanung
plus-energie GmbH, Villingen-Schwenningen

10.2022 – Baustellenbesuch Neubau Rathaus Mietingen

Aufnahmen vom 14.11.2022, © Philipp Debus

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